Wir wollen einen gerechten und dadurch dauerhaften Frieden! Wir wollen die Freiheit der Meinung und des Glaubens! […]
Wir wollen die Schaffung einer wahren Volksvertretung!

Mit diesen Forderungen aus einem Flugblatt aus dem Jahr 1940 kämpfte der damals 19-jährige Hanno Günther gegen das national-sozialistische Regime, das die Ausgrenzung von Menschen zum Staatsziel erhoben und Europa mit einem verbrecherischen Krieg überzogen hatte.

Hanno Günther (*1921 †1942) besuchte in den Jahren 1928 bis 1933 eine der drei Rütli-Volksschulen, eine Vorläuferin der heutigen Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli. Zu den Schüler:innen gehörten neben Neuköllner Arbeiterkindern auch Kinder von Akademiker:innen und Künstler:innen aus ganz Berlin.
Als Reformschulen konnten die Rütli-Schulen eigene Wege in Unterricht und Pädagogik gehen. Die Schüler:innen sollten durch Demokratie lernen und durch Projektarbeit sowie offene Unterrichtsformate zum selbstständigen, kritischen Denken angeregt werden.
Hanno Günther war einer der ganz wenigen Menschen in Deutschland, die Widerstand gegen das Terrorsystem der Nationalsozialisten leisteten. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs produzierte er mit Freunden Flugblätter unter dem Titel „Das freie Wort“ und verteilte diese in Berlin. Die Texte enthielten den Ruf nach Frieden, Meinungsfreiheit und Aufrufe zu Sabotageakten. Später gründete Hanno Günther mit anderen ehemaligen RütliSchüler:innen die so genannte Rütligruppe. Ihre Mitglieder lasen verbotene sozialistische Texte und hörten britische Radiosendungen. Noch vor der Durchführung von Widerstandsaktivitäten wurde die Gruppe 1941 von der Nazi-Geheimpolizei entdeckt und verhaftet. Hanno Günther wurde 1942 mit sechs seiner Freund:innen von einem Nazi-Gericht zum Tode verurteilt und am 3. Dezember 1942 in Berlin-Plötzensee ermordet.
Ehemalige Schüler:innen einer Vorläuferschule der Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli haben, unter den Bedingungen einer Diktatur, ein Zeichen für mutiges Handeln und Courage gesetzt.

Auch heute, viele Jahrzehnte später, ist es notwendig, sich gegen Menschenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Ungerechtigkeiten zur Wehr zu setzen. Wie können wir uns heute für ein gutes Zusammenleben in einer friedlichen, demokratischen und vielfältigen Gesellschaft einsetzen? Mit der Frage haben sich Schüler:innen aus der Grundstufe, der Sekundarstufe I und II der Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli während der Projektwoche Und raus bist du?! beschäftigt.

Die jungen Menschen entwickelten in der Projektarbeit ganz eigene Sichtweisen auf die Themen Ausgrenzung und Dazugehören, Alltagsmut und Zusammenleben. Diese Perspektiven zeigte im Dezember 2021 eine Ausstellung in der Temporären Galerie im Foyer der Quartiershalle auf dem Campus. Aufgrund der pandemischen Lage war die Ausstellung lediglich für Schulgruppen zugänglich.

Die Lerngruppen der Grundstufe stellten je ein Objekt aus, das symbolisch für die Erfahrungen der Gruppe in der Projektwoche steht. Die Lerngruppen der Sekundarstufen präsentierten jeweils ein beispielhaftes Produkt, das während der Woche erarbeitet worden ist.

Die stufenübergreifende Projektwoche bietet die Chance, allen beteiligten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen deutlich zu machen, dass die Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli eine zusammenhängende Schule, ein gemeinschaftsstiftender Lernort ist. Mit der Ausstellung von Objekten von verschiedenen Lerngruppen der Jahrgänge 1 bis 13 wird dieser Zusammenhalt erfahr- und erlebbar.

Text: Lennart Lüpke